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Kamerun Tagebuch Nr. 3: Daniel Bichlmann

Samstag, Mär 19, 2016 in Pro Cycling

Nach dem entspannten Ruhetag gestern im touristisch bestens erschlossenen Limbé an der Küste Kameruns, reiste der Tourtross (einschließlich der Fahrer der kongolesischen Nationalmannschaft, die ärgerlicherweise ihren ursprünglichen Anreiseflug verpasst hatten, sich jetzt aber die Gratisunterbringung und Verpflegung nicht entgehen lassen wollen) also wieder weiter.

Die schwere sechste Etappe zwischen Mbanga und Bafanga über 128km war mir von meiner ersten Teilnahme der Tour du Cameroun 2014 in bester Erinnerung. Vor zwei Jahren habe ich genau diese Etappe für mich entscheiden können. Somit waren ich sowie der Rest der Mannschaft natürlich bis in die letzten Haarspitzen motiviert. Gemäß der vorabendlichen Taktikbesprechung gingen wir von Anfang an in die Offensive.

Letztendlich bestand die Gruppe des Tages aus einem Marokkaner und meiner Wenigkeit. Jeder der mich kennt, weiß wie sehr ich die typisch nordafrikanischen Verhaltensweisen zu schätzen weiß. Also harmonierte unsere Zweckgemeinschaft einigermaßen bis ich von unserem französischen sportlichen Leiter Yves die überraschende Info erhielt, dass uns ein Verfolger auf den Fersen sei - noch überraschender - es war mein  Mannschaftskollege Jean Bosco aus Ruanda, der am Tag zuvor die Etappe gewonnen hatte. Nach dem Zusammenschluss arbeitete der marokkanische Fahrer verständlicherweise nicht mehr mit.

Um den Etappensieg ins Team zu holen entschloss ich mich dazu, zu versuchen den Marokkaner durch abwechselnde Angriffe zu zermürben und letztendlich abzuhängen. Ärgerlicherweise war es nur ich der attackierte und Jean Bosco war irgendiw nicht mehr ganz so frische wie die Tage zuvor. Im sechsten Anlauf gelang mir dann doch, die Flucht nach vorne erneut anzutreten.

Die Komunikation in der Konstellation Bichlmann/Nsengimana war schon etwas schwer,  da Jean Bosco noch dabei ist, sein Englisch zu verbessern. Ich versuchte mich also so aerodynamisch wie möglich auf meiner Stradalli Aversa Rennmaschine zu krümmen um die verbleibenden 25km zum Tagesziel im Alleingang zu meistern. Erwähnenswerterweise hatte ich einen Ohrwurm im Kopf, der nicht hätte besser passen können (matchbox20 - "how far we've come")

Leider platzte der Traum vom wiederholten Etappensieg sechs Kilometer vor dem Ziel, als mich die Gruppe der Aspiranten auf den Gesamtsieg kurz vor der Kuppe der letzten Bergwertung des Tages ein- und überholte.

Etwas frustriert ließ ich bis zur Ziellinie Fahrer um Fahrer ziehen und wollte nur noch in das klimatisierte Hotelzimmer. Im Ziel angekommen gab's dann doch noch etwas Balsam auf die zerknirschte Rennfahrerseele: unser Amanuel Mengis hat sich erneut als einer der besten Kletterer beweisen können und auf einen ausgezeichneten dritten Gesamtplatz verbessert.


Jetzt stehen noch zwei Etappen an, somit ist meine Schuldigkeit getan was diese Tagebuchberichterstattung angeht. Ich bedanke mich bei allen die es sich angeschaut haben und natürlich explizit beim Team BIKE AID,  die uns das Erleben solcher Abenteuer mit Ihrer unermüdlichen Arbeit ermöglichen.

Ach ja: durch meinen heutigen Ritt bin ich im Kampf um das Bergtrikot auf den zweiten Platz gefahren - ich habe das Gefühl das es bei der morgigen Bergetappe Zeit wird einige Ärsche zu treten J

Bis dann Euer Sportsfreund Daniel Bichlmann!