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Henok Mulubrhan – Der Fahrer, der nicht zu BIKE AID kommen sollte

Sonntag, Jan 16, 2022 in Pro Cycling

Er hatte den World Tour Vertrag schon in der Tasche. Dann kam das Aus für die einzige afrikanische Tour de France Mannschaft, just als die UCI erstmals eine Radsportweltmeisterschaft nach Afrika vergab.

Ein Team, das Geschichte schreibt

Radsportafrika hatte einst einen Traum, ein eigenes Team zur Tour de France zu bringen. Das Team Qhubeka machte sich auf den Weg diesen zu erfüllen und begeisterte einen ganzen Kontinent, gab Hoffnung, machte Mut.

2015 war es so weit, sie waren das erste afrikanische Team bei der Tour de France. Und mit Daniel Teklehaimanot aus Eritrea trägt ein Schwarzafrikaner das Bergtrikot und somit erstmalig ein Wertungstrikot bei der Tour de France. Der ganze Kontinent spielt verrückt. In Eritrea platzen die Kinos, dem einzigen Ort, an dem man die Tour verfolgen kann, aus allen Nähten.

Das Team schreibt Geschichte, hat einen ganzen Kontinent hinter sich und bietet Sportlern aus verschiedenen afrikanischen Ländern erstmals eine echte Chance.

Von 2017 bis 2020 steht jedoch kein einziger schwarzer Sportler im Tour de France Aufgebot der Mannschaft. 2021 lediglich einer. Was ist passiert? Als sympathischer Außenseiter, mit einer einzigartigen Geschichte, wollte man mit internationalen Sponsoren zum großen Erfolg und kaufte prominente Namen. So wurde das Team jedoch nur noch eines von vielen.

Herausforderungen stellen und Chancen geben

Wir wissen aus eigener Erfahrung, um die Schwierigkeiten afrikanische Sportler in den europäischen Radsport zu bringen. Bürokratische Hürden auf der einen Seite, aber auch die großen kulturellen Unterschiede und beidseitig oft falsche Erwartungen. Afrikanische Radsportler haben großes Potential. Die Begeisterung in einzelnen Ländern ist einzigartig und es gebietet nicht zuletzt die koloniale Historie und auch aktuell die Ungleichheit, diesen Menschen Chancen zu geben. Der Aufwand ist enorm und wir wissen, dass auch das Team Qhubeka mit all diesen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte.

2021 verkündete die UCI die Vergabe der Radsportweltmeisterschaft 2025 nach Rwanda. Die erste WM in Afrika. In dem Land, wo jährlich 25% der Einwohner an die Strecke der Tour du Rwanda pilgern und das größte Radsportfest Afrikas feiern. Der nächste große Schritt für den Radsport in Afrika, die Bilder der Radsportbegeisterung werden um die Welt gehen. Ende 2021 steht ebenfalls fest, dass das Team Qhubeka Vergangenheit ist. Es ließen sich keine Sponsoren mehr finden, was eine Tragödie.

Radsportnation Eritrea

Mittlerweile finden zumindest einzelne afrikanische Fahrer den Zugang zu World Tour Teams, auch ohne das Team Qhubeka. Beispielsweise Tsgabu Grmay aus Äthiopien, Merhawi Kudus, Amanuel Ghebreigzabhier, sowie der U23 Vizeweltmeister Biniam Ghirmay Hailu, allesamt aus Eritrea. Dies ist ein wichtiger Schritt, trotzdem sind es nur einige wenige.

Eritrea, eines der ärmsten und kleinsten Länder Afrikas. Radsport ist Nationalsport. Großartige Förderstrukturen, Teams und Material gibt es jedoch kaum. Dennoch ist dieses kleine Land seit einigen Jahren die erfolgreichste Radsportnation Afrikas und bringt die größten Talente hervor. Häufig bleibt es allerdings beim Talent, der Durchbruch gelingt oft nicht. Es ist ein weiter Weg und die meisten Teams werden vom Aufwand, einen solchen Sportler zu entwickeln, abgeschreckt.

Eines dieser Talente ist Henok Mulubrhan. Er stand kurz davor seinen Traum zu verwirklichen. Er hatte einen World Tour Vertrag beim Team Qhubeka für 2022 in der Tasche. Henok hat schon bei schweren Rennen in Europa gezeigt, was in ihm steckt. Er gilt neben seinem Landsmann Biniam Ghirmay Hailu derzeit als eines der größten Talente des Kontinents.

Harte Arbeit zahlt sich aus

BIKE AID ist derzeit das einzige UCI Team außerhalb Afrikas, das sich konzeptionell mit dem Radsport auf diesem Kontinent befasst und sich dem Aufwand nicht scheut. Wir wären sehr froh, wenn es mehr wären.

Seit 2014 gehören jedes Jahr mehrere Sportler aus verschiedenen afrikanischen Ländern zum Team. Es ist kein einfacher Weg für uns. Oft glauben wir selbst es nicht mehr zu schaffen und an den Schwierigkeiten zu scheitern. Aus Überzeugung machen wir es jedoch trotzdem und bei jedem unserer Rennen in Afrika erleben wir aufs Neue, warum es sich dafür zu kämpfen lohnt.

"Wir sind schon lange mit Henok in Kontakt und haben uns für ihn gefreut, dass er sich seinen Traum von der World Tour verdientermaßen erfüllen konnte. Als die Gerüchte über die Schließung seines Teams aufkamen, haben wir den Kontakt wieder intensiviert und ihm einen Platz in unserem Team angeboten", sagt Timo Schäfer.

Ende Dezember, kurz vor Weihnachten, wurde die endgültige Auflösung des Teams Qhubeka bekannt gegeben und für Henok Mulubrhan war klar: "Außerhalb der World Tour gab es nur ein Team, dem ich mich anschließen wollte und das war BIKE AID. Sie haben sich sehr für mich eingesetzt und leisten seit Jahren großartige Arbeit mit afrikanischen Fahrern. Ich bin sicher, dass ich eine tolle Zeit mit ihnen haben werde", sagte Mulubrhan.

Foto von Gautier Demouveaux und Team Qhubeka