Die Route d´Occitanie, bekannter unter ihrem ehemaligen Namen Route du Sud, gilt seit jeher als wichtiges Vorbereitungsrennen auf die Tour de France. Und in den letzten Jahren bekam das saarländische Team BIKE AID die außerordentliche Chance sich dort mit den besten Fahrern der Welt zu messen.
Radsport Entzugserscheinungen bei den Franzosen
Nach dem die Tour de France Corona bedingt auf Ende August verschoben werden musste, fehlt den Franzosen ein gewichtiges Stück des Sommers. Der Juli gehört seit über 100 Jahren der Tour de France und die Franzosen sowie Zuschauer aus der ganzen Welt zelebrieren das Ereignis entlang der Strecke.
Auch die Route d´Occitanie wurde verschoben und bekam damit einen noch höheren Stellenwert. Es war das erste große Radrennen in Frankreich, ein Testlauf für die Tour in Sachen Corona Sicherheitsmaßnahmen. Zu dem eine der wenigen Möglichkeiten für die diesjährigen Favoriten der Tour sich vorab gegenseitig zu messen. Aber was man vor allem vor Ort spürte, war die Freude der Franzosen endlich wieder den Radsport feiern zu können. Klar, es waren nicht Millionen Zuschauer wie bei der Tour de France. Aber dennoch täglich etliche Tausende, die sich geduldig in der Frühe ein Plätzchen im Schatten suchten um dann euphorisch die Fahrer anzufeuern. Bei den Zielankünften war der Besucherandrang so hoch, das die Organisatoren alle Hände voll zu tun hatten, die Hygienebestimmungen einzuhalten. Den großen Teams war es Teils schon ungeheuer, hat für sie der Schutz ihrer Fahrer die höchste Priorität, um nicht im Falle einer Infektion den Start bei der Frankreichrundfahrt zu riskieren.
Gesichtsmasken bei 40 Grad
Tägliche Gesundheitsprotokolle, Corona Test, abgetrennte Hotelbereiche, striktes Abstandsgebot sowie Maskenpflicht bis zur Startaufstellung. Vieles ist anders in diesen Tagen und gerade bei diesem Rennen wurde strengstens auf die Einhaltung aller Maßnahmen geachtet. Und dennoch war die Atmosphäre berauschend.
Auf der ersten Etappe wurden die Fahrer im Tale der Tarn bei Temperaturen bis 43 Grad gekocht und beim vielen Rauf und Runter über die umliegenden Hügel schmerzten die Beine aufgrund des unglaublichen hohen Grundtempo. Die Landschaft im Süden Frankreichs, die malerischen Dörfer, die Burgern der Katharer boten eine grandiose Kulisse, deren Schönheit die Fahrer an so einem harten Tag sicher weniger wahrnahmen.
Holler 179km in der Spitzengruppe
Am nächsten Tag gelang es einmal mehr Nikodemus Holler das BIKE AID Trikot in Szene zu setzen. Nach dem Start in Carcassonne machte er sich mit vier weiteren Begleitern auf und davon und wurde auf der 182km langen Etappe erst drei Kilometer vor dem Ziel vom heran jagenden Feld eingeholt.
Tag drei war der Tag der Wahrheit. Eine Waschechte Bergetappe durch die Pyrenäen, 4.200 Höhenmeter über den Port de Bales, Col de Peyresourde und eine Bergankunft auf dem Col de Beyrede.
Lehrstunde für Jungspund
BIKE AID Joungstar Jesse de Rooij wollte nicht einfach so untergehen. Er wusste, die Berge sind zu schwer für den eher sprintstarken Holländer. Er wollte wie Niko am Tag zuvor in eine Ausreißergruppe, um zumindest einmal in Erscheinung zu treten. Doch er verpasste den Absprung, als sich eine namhafte Gruppe um Lilian Calmejane auf und davon machte. Als das Hauptfeld Pipipause machte, brach er die Radsport-Etikette, attackierte und landete mit einem einem anderen Jungspund in einer „chasse patate“. Knapp 60km aussichtslos zwischen Hauptfeld und Spitze hängend, wurde er im ersten großen Berg gestellt und musste erschöpft aufgeben.
Erik Bergström Frisk auf Tuchfühlung mit vierfachem Tour de France Sieger
Dagegen schlug die Stunde der BIKE AID Kletterer. Adne van Engelen, Frederik Dombrowski und vor allem Erik Frisk Bergström fühlen sich in den Bergen wohl. Zwar kann auch Erik nicht mit dem Tour Vorjahressieger Egen Bernal mithalten, der sich souverän den Etappensieg und das gelbe Trikot holte. Aber gerade mal 6:29min Rückstand bei einer Hochgebirgsetappe und nur rund eine Minute hinter dem vierfachen Tour de France Sieger Chris Froome sprechen für Eriks Talent.
L'été en France
Am letzten Tag war an ein gemütliches Ausrollen nicht zu denken. Die Fahrer wurde über kleine Sträßchen geschlissen, wie man sie aus schönen französischen Sommerfilmen kennt. Die Szenerie lässt vielleicht von einer Jugendliebe träumen, einer Fahrt mit einer Vespa zu einem schattigen Platz an einem Fluß. Rund 200km im Renntempo bei Hitze in einem Weltklasse Peleton sind aber eine Tortur. Krönender Abschluss war die Zielankunft im mythischen Rocamadour, einem zerklüfteten Wallfahrtsort im trockenen Alzou-Tal.
Für unser Team war es 4 Tage Tour de France, BIKE AID Seite an Seite mit den größten Teams des Radsports, mit den aktuellen Tour Siegern und französischen Hoffnungen, mit begeisterten Zuschauern, grandiosen Landschaften und unglaublicher Hitze. Eben Frankreich im Sommer.