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Ein Traum wäre fast zerbrochen – Mosana Debesay auf dem Weg zu Olympia

Dienstag, Jul 13, 2021 in Pro Cycling

Was für männliche afrikanische Radsportler schon kaum erreichbar ist, ist für Frauen nochmals vielfach schwerer. Ein klein wenig möchten wir deswegen einer Sportlerin helfen und hätten ihr damit fast geschadet.

Mosana Debesay kann Geschichte schreiben für den Radsport in Afrika. Nie zuvor gab es eine weibliche Schwarzafrikanerin im Olympischen Straßenrennen. Mosana aus Eritrea kann daran etwas ändern. Aufgewachsen in einer Radsportfamilie, mehrere Brüder waren oder sind Radprofis, darunter Mekseb Debesay.  

Die Entscheidung für den Radsport ist für jeden männlichen Afrikaner schon ein großes Wagnis. Sei es wegen geringer Chancen einen Platz in einem Team zu bekommen, den großen Hemmnissen hinsichtlich der Visa Beschränkungen aber ebenso der Schwierigkeit, die eigene Familie davon zu überzeugen. Wer in Entwicklungsländern aufwächst, ist mit dem täglichen Kampf der Existenzsicherung beschäftigt. Familien brauchen die starken Jungen, um die Familie zu ernähren. Wie soll es da möglich sein, über mehrere Jahre die Kräfte in hartes Training zu stecken, wo Leistung nur durch die Luxus-Umstände eines ausgeglichenen Alltags aus gutem Essen und Regeneration entsteht. Mit der sehr wagen Aussicht, irgendwann damit Erfolg zu haben? 

Leicht vorstellbar, dass es für junge Mädchen ungleich schwerer ist eine solche Entscheidung zu treffen. Mosana Debesay ist eine davon, die diesen Mut besitzt und Pionierarbeit für einen ganzen Kontinent leistet. Sie wollte Radrennen fahren wie ihre Brüder. Radfahren gilt nicht von ungefähr als Sinnbild für individuelle Freiheit, die Möglichkeit aus eigener Kraft räumliche und damit auch ideologische Grenzen zu sprengen. In einigen Ländern ist daher Radfahren für Frauen noch immer Verboten, fürchtet man sich doch vor zu viel Selbstbestimmung der Frau.

Mosana Debesay wurde 2018 Afrikanische Meisterin im Einzelzeitfahren in Ruanda, 2019 gewann sie das Straßenrennen der Afrika Meisterschaften in Äthiopien. Mit letzterem qualifizierte sie sich für die Olympischen Spiele in Tokyo. Dann kam Corona, Olympia wurde verschoben und für Mosana wurde es schwieriger und schwieriger internationale Wettkämpfe zu bestreiten und weiter für ihr Ziel zu kämpfen.

Wir wollten sie damit nicht alleine lassen, ist doch der afrikanische Radsport eines unserer Kernthemen. Kurzerhand haben wir mit unseren Sponsoren besprochen, wie wir sie auf dem Weg zu Olympia unterstützen können und alle waren dabei. So kam sie ins Saarland, konnte hier trainieren und einige Rennen mit dem BIKE AID Women Team bestreiten.

Gerade war sie dabei wieder Selbstvertrauen und Motivation zu finden, als ihr bei einer Trainingsfahrt ein Unglück ereilte. Auf einer sehr schmalen Landstraße im benachbarten Lothringen in der Nähe von Bärenthal kam ein Autofahrer von hinten angerast, schnitt sie mit einem riskanten Überholvorgang, so dass sie die Kontrolle verlor und aus voller Fahrt frontal in ein entgegenkommendes Fahrzeug einschlug. Wer die Überreste ihres Helmes betrachtet, dem wird schnell klar, welches Glück hier geschehen ist. Mosana hatte einige heftige Schürfwunden und Prellungen, blieb bewusstlos unter dem Fahrzeug des geschockten Fahrers liegen. Aber ihr Helm hatte wohl auf die letzte Nuance hin den maximal möglichen Dienst getan, ihr Schädel blieb heil.

Mehrere Polizeiwagen, die Feuerwehr und Krankenwagen eilten herbei, Autofahrer hielten an, der Unfallverursacher jedoch hatte längst Fahrerflucht begangen. Da lag dieses junge tapfere Mädchen auf der Straße, hatte so viel auf sich genommen, war aus Afrika ins Saarland gekommen und ihrem Traum so nahe gekommen und alles hätte vorbei sein können. Wegen dem blinden Egoismus eines Autofahrers, wegen der fehlenden Bereitschaft aus Respekt vor dem Leben eines anderen Menschen eventuell ein paar Sekunden Lebenszeit in Geduld aufzubringen.

Mosana verbrachte einen Tag im Krankenhaus, sie hatte große Schmerzen und überall Verbände. Aber zwei Tage später saß sie wieder auf dem Rad, wollte trainieren. Sie hat final grünes Licht für Olympia bekommen, wird wenn alles gut geht in Tokyo in wenigen Wochen am Start stehen. 

Sie wird das Olympische Straßenrennen nicht gewinnen, alleine es zu beenden wird schon schwierig. Sie wird vermutlich auch keine erfolgreiche Karriere im internationalen Radsport bestreiten können. Das sie diesen Weg bis dahin gegangen ist, hat sicher viel mehr Kraft gekostet wie ein großer Sieg einer Profisportlerin.

Aber diesen Weg gegangen zu sein, ist ein ungleich größerer Erfolg, der es erst anderen jungen Sportlerinnen aus Afrika möglich machen wird, die nächsten Schritte zu gehen. Mit ihrem Weg kann sie vielen jungen Mädchen Mut machen, für ihre Ziele und Ideen einzustehen und die Schranken gesellschaftlicher Zwänge und von Armut zu überwinden.  

Wir drücken dir die Daumen, Mosana.